Das war heute eine Entschiedung für die letzte Sekunde. Die Bilder des gestrigen Tages haben schon deutlich gemacht, welche Gefahr die Stricke im Nest für die Jungstörche sein können. Gleichzeitig waren die Jungstörche heute vermutete 46 Tage alt (also 6,5 Wochen). Damit war zu erwarten, dass sie nicht mehr automatisch in Schockstarre verfallen und somit ihr eigenes Verhalten zu einem Risiko werden könnte. Dennoch erhielten wir heute Morgen von der Unteren Naturschutzbehörde die Erlaubnis mit der entsprechenden Vorsicht in das Nest einzugreifen.
„Mit der entsprechenden Vorsicht“ hieß, sich langsam zu nähern und das Verhalten der Störche genau zu beobachten. Das war insofern spannend, weil wir noch nie so spät (also in in diesem Alter der Jungstörche) am Nest waren. Man musste ja erwarten, dass die Schockstarre nicht schlagartig aufhört, sondern dass es ein „Übergangsverhalten“ geben könnte. Da wir uns technisch bedingt zweimal nähern mussten, bot sich die Chance erst ihr Verhalten zu beobachten und im zweiten Schritt ins Nest zu greifen. Wie wir das aus allen Jahren davor kennen, zeigten sich die Störche erst neugierig und beobachteten nur, was auf sie zukommt.



Als der Korb der Drehleiter sich dann näher und höher als das Nest heranschob, nahmen zwei Jungstörche (links) im Bild die typsiche Schockstarre ein. Sie bewegen sich dann nicht, auch nicht, wenn man sich nähert oder sie berührt. Der dritte Jungstorch (rechts) hingegen ging zwar in die Hocke, blieb auch sehr ruhig, aber in die Starre kam er nicht mehr. Zu diesem Zeitpunkt überlegten wir bereits, ob man die Aktion abbrechen müsste. Der Strick entpuppte sich da oben als Netz und war zugleich eine gefährliche Falle. Bei der technisch bedingten zweiten Anfahrt ans Nest galt unsere Aufmerksamkeit daher dem hockenden Storch.

Zweiter Besuch am Nest
Bei der zweiten Anfahrt näherten wir uns von weiter oben. Die Jungstörche waren aus der Starre. Betrachtet man die Bilder der Reihe nach, dann kann man erkennen, wie die Störche mit der Annäherung an das Nest der Reihe nach die Starre einnehmen. Außer der sitzende Storch eben. Unter ihm liegt schwer zu erkennen das Kunststoffnetz.



Während der Reinigung haben wir keine Fotos gemacht. Als ich mit der Greifzange mich dem Unrat und damit dem Jungstorch näherte pickte dieser zunächst an die Zange. Er ging dabei sehr zaghaft vor, so dass es eher wie ein Austesten wirkte. Genau dieses ruhige Verhalten erlaubte uns herauszufinden, wie er bei langsamer Annäherung reagieren würde. Ich erwartete kein schlagartig anderes Verhalten als bei den Geschwisterstörchen.
Er stand zunächst auf und bewegte sich ruhig nach hinten. Er zeigte also keine Anstalten von panischer Flucht. Seine Aufstehen war auch deshalb notwendig, weil der ja direkt auf dem Netz saß. Beim Aufstehen verhedderte er sich sogar leicht darin. Aber mit dem nächsten Schritt nach hinten zog er seinen Fuß aus der Schlinge. Glücklicherweise war das Netz zusammenhängend, so dass ich mich mit der Zange nicht direkt dem Storch nähern musste, sondern von der Nestmitte aus das Material entfernen.
Im Video wird deutlich, wie viel Kunststoff sich auf dem Boden des Nestes versteckt hatte. Es füllte einen ganzen Eimer. Ein kleines Stück Kunststoff blieb im Nest zurück. Es lag zu nah am Jungstorch und wäre nicht in der Lage gewesen, den Storch zu verheddern. Die Gefahr einer falschen Reaktion des Storches wäre zu goß gewesen.
Nach Beendigung der Aktion blieb bei Wegfahren des Korbs noch Zeit, um einige Fotos zu machen.


Wer das Nest über die Webcam in dieser Zeit beobachtete, konnte sehen, wie schnell die Störche aus der Starre zurück kehrten und normale Verhaltensweise zeigten. Einige Zeit später kamen auch die Elternstörche ganz normal zurück.
Herzlichen Dank an alle, die daran beteiligt waren. Der Kontakt zur Unteren Naturschutzbehörde gelang noch am Vorabend, am Morgen kam dann eine zügige Entscheidung. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Team der Feuerwehr sich bereits auf den Einsatz vorbereitet und wartete nur noch auf die Erlaubnis und die genau Uhrzeit. Herzlichen Dank auch an die drei Feuerwehrmänner Sebastian Emmert, Felix Inderwies und Patrick Hitscherich. Sie haben die Leiter mit viel Mühe passend positioniert und mit Fingerspitzengefühl den Korb an das Nest gesteuert.


Heute morgen um 8.35 ist ein Storch aus dem Nest geflogen.
Hallo,
schön, das alles gut geklappt hat. Vielen Dank für euren Einsatz.
Das wäre ja schlimm gewesen, wenn sich alle darin verfangen hätten.
Kann man nicht mal einen Aufruf starten in Hammelburg, das die Leute aufpassen, das sie nicht solche
Seile und Netze rumliegen lassen, da sie eine große Gefahr sind für die Tiere.
Weiterhin alles Gute für die jungen Störche. Hoffen wir, das jetzt alles reibungslos verläuft.
Viele Grüße aus Marktheidenfeld
Gerlinde