Konzept/Gedanken zur Montage

Gelegentlich erreichte mich heute die Anfrage, ob die Installation der Webcam die Störche nicht störe und ob wir vielleicht einen ungünstigen Zeitpunkt gewählt hätten. Dazu haben wir uns im Vorfeld natürlich viele Gedanken gemacht und auf die Erfahrungen der letzten Jahre intensiver Beobachtung zurück gegriffen.

Zunächst einmal stören sich Störche an einer Kamera prinzipiell nicht. Sie können die Kamera ja nicht wie wir als „technisches Gerät“ wahrnehmen. Aus ihrer Sicht ist sie nichts anderes als ein Fahnenmast, eine Antenne, ein Schornstein oder sogar ein Ast.

Wie aber ist es, wenn diese Kamera plötzlich am Nest auftaucht? Hier stellt sich die Frage, was Störche als Bedrohung wahrnehmen? Landen eine Taube oder Dohle am Nest, so stören sich die Störche daran nicht. Bewegung oder Veränderungen am Nest sind nicht automatisch als störend einzustufen. Wirklich beunruhigt waren die Störche in den letzten Jahren nur dann, wenn sich fremde Störche oder Menschen dem Nest näherten. Beispielsweise bei der Beringung.

Deshalb stand für uns fest, dass die Störche bei der Montage der Kamera keinesfalls Menschen am Nest wahrnehmen sollten. Den Einsatz einer Drehleiter schlossen wir daher kategorisch aus. Außerdem sollte das Nest selbst von der Montage unberührt bleiben. Deshalb mussten wir uns eine Konstruktion überlegen, die wir (ohne selbst sichtbar zu werden) vom Turminneren ans Nest heranschieben können.

Einflugschneise?

Aus den vergangenen Jahren wussten wir, dass die Störche entgegen vieler Behauptungen in einem von allen Seiten frei zugänglichen Nest keine eindeutige Einflugschneise nutzen. Wir konnten aber beobachten, dass sie häufiger von Norden und Südosten anflogen, als direkt von Westen. Da passt es, dass sich eine günstige Stelle (lose Ziegel) für den Auslass ausgerechnet genau im Westen des Daches befand. Also genau da, wo die Störche sowieso kaum fliegen. Dies war gleich doppelt gut, da die Vögel sich so leichter beobachten ließen (sie schauen nämlich nur sehr selten nach Osten). Außerdem kacken sie weniger nach Westen (wäre sonst ja häufig gegen den Wind) und würden so die Kameras nicht so leicht voll machen.

Um ganz sicher zu gehen haben wir die Kamera in einem ersten Schritt nur knapp über die Ziegel hinausgeschoben. Aus Sicht der Störche war sie damit unterhalb des Nests und auch keinesfalls in einer Einflugschneise. Nun nutzen wir jeweils die Abwesenheit der Störche, um die Kamera Stück für Stück nach oben zu schieben. Dabei war wichtig, dass die Störche sich jeweils lang genug an den Anblick der Kamera gewöhnen konnten, ehe wir den nächsten Schub vornahmen. Wir haben für etwa 80cm Strecke ganze drei Tage gebraucht. Bambus hätte so schnell wachsen können.

Günstiger Zeitpunkt?

Wie aber schaut es mit dem Zeitpunkt aus? Wir hatten die Empfehlung bekommen, dass wir zunächst die ganze Brutzeit abwarten sollten und erst, wenn die Küken bereits zwei Wochen alt sind, die Kameras installieren sollen. Dann nämlich wären die Elternstörche wegen der Küken so stark ans Nest gebunden gewesen, dass sie auf jeden Fall zurück kämen und bleiben würden. Das klang einerseits logisch, war aber zugleich ziemlich „übergriffig“. Wir wollten ja die Störung der Störche vermeiden und nicht primär sicherstellen, dass sie in jedem Fall in Hammelburg bleiben. Wenn die Störche sich an einer Kamera stören sollten, dann hielte ich persönlich es für angemessener, ihnen noch die Wahl zu lassen, ob sie Hammelburg dann wirklich bevorzugen wollten: also vor Beginn der Eiablage.

Unmittelbar nach Ankunft der ersten Störche im Februar wurde veranlasst, dass das Nest mit Nistmaterial ausgestattet wurde. Hier hatten Experten entschieden, dass der direkte Eingriff ins Nest möglich ist, solange noch keine Eiablage begonnen hatte. Aus Erfahrung wussten wir, dass mit Beginn der Eiablage die Störche zunächst häufiger im Nest sind und mit Beginn der Brut sogar dauerhaft. Der Zeitpunkt unmittelbar nach der Ankunft war daher wesentlich besser, als zwei Wochen nach dem Schlüpfen der Küken.

Nun wollte es der Zufall, dass ein konkurrierendes Storchenpärchen jenes, das wir am 21. März noch mit Ring fotografierten, vertrieb und vermutlich ab dem 1. April das Nest besetzte. Das aktuelle Pärchen war also gerade erst angekommen und noch längst nicht an den Horst gewöhnt, geschweige denn, dass sie das Nest dauerhaft besetzten. Glücklicherweise waren die Kameras zu diesem Zeitpunkt schon angekommen, so dass der Ständer dazu schnell fertig gestellt werden konnte.

Sobald die Kameras aus dem Turm herausgeschoben wurden, liefen sie bei jeder weiteren Montagearbeit und lieferten uns Bilder vom Nest in den Turm. Wir wollten ganz sicher gehen, dass sich kein Storch im Nest befand. Das gelang auch. Gleichzeitig haben wir die Bilder stets aufgezeichnet, um zu beobachten, ob sich die Störche auffällig verhielten, wenn sie zurückkommen, ehe wir zum nächsten Schritt übergingen. Aber es gab keine Auffälligkeiten.

Im Gegenteil, die beiden Störche nehmen die Kameras wie einen „Schornstein“ wahr. Sie begutachten sie nicht und knappern auch nicht neugierig daran herum. Sie nutzen sie aber als Steh- und Sitzfläche. Das hatten wir aber entsprechend eingeplant und haben die Halterung gleich so gestaltet, dass die Störche darauf stehen können. Entsprechend gibt es auch nur gerundete „Kanten“.

Lange Abwesenheit der Störche heute

Dass die Störche heute das Nest sehr lange alleine ließen, war absolut vorhersehbar. Die Temperaturen am heutigen Tag waren ausreichend, dass mögliche Eier nicht warm gehalten werden mussten (es wird ja noch nicht gebrütet). Das war in den letzten Jahren genauso.

Die Störche haben eine harte Zeit vor sich. Ab dem Brüten hat jeder Elternstorch nur noch halb so viel Zeit, um sich selbst zu ernähern. Wenn später erstmal die Küken ernährt werden müssen, wird die knappe Zeit auch noch für zusätzliche Futtersuche benötigt. Die Störche tun gut daran, jetzt nochmal entspannt auszufliegen und das Nest bei passenden Temperaturen alleine zu lassen.

Nachtaufnahmen

Nachts liefert die Kamera ein helles Graustufenbild. Es schaut so aus, als wäre das Nest beleuchtet. Das stimmt so aber nicht ganz. Tatsächlich leuchtet da oben ein kleines Infrarotlicht. Es ist extrem schwach und kann weder vom Menschen, noch von den Störchen wahrgenommen werden. Wer das Nest nachts mal von unten beobachtet, wird kein Licht sehen können.

Auffällige Montage

Es besteht kein Zweifel daran, dass die jetzige Montagestange sehr auffällig ist und das gewohnte Bild des Mönchturm stört. Das werden wir Hammelburger diesen Sommer wohl aushalten müssen. Für den Herbst ist bereits eine Planung vorhanden, wie die Kameras direkt am Nest montiert werden können. Man sieht sie dann zwar immernoch, aber die auffällige Stange sollte in den nächsten Jahren entfallen.

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